Sonntag, 2. Juni 2013

Zum Ausstand das dritte WM-Finale

Foto: DTTB (Manfred Schillings)

Nach dem WM-Endspiel im Damen-Einzel in Paris war für Michael Geiger Schluss. Deutschlands erster "Blue Badge Umpire" hat nach rund 30 Jahren seine Schiedsrichter-Karriere beendet. Er ist wohl einer der wenigen, die tatsächlich "gehen, wenn es am schönsten ist".


Paris. „Man soll gehen, wenn es am schönsten ist“, sagt Michael Geiger. So heißt es zwar, wäre im Rückblick wohl in den meisten Fällen richtig gewesen, aber kaum jemand tut es rechtzeitig. Warum sollte man sich auch von etwas verabschieden, dass einem gerade so große Freude bereitet? Auch auf diese Frage hat der Haslacher für sich eine Antwort gefunden. „Ich habe meine Ziele erreicht und genug Highlights mitbekommen. Jetzt sind die Jüngeren dran.“

Foto: DTTB (Manfred Schillings)


Fast alles hat er in seiner Schiedsrichter-Karriere erlebt. Unter anderem leitete er die Herren-Endspiele der Mannschafts-Weltmeisterschaften 2006 in Bremen und 2008 im chinesischen Guangzhou zwischen China und Südkorea. Weiterer Höhepunkt waren zwei Finals der Paralympischen Spiele 2004 in Athen. Mit den Olympischen Spielen in London 2012 hat es leider nicht geklappt, bei den am Montag zu Ende gehenden Weltmeisterschaften in Paris aber wurde er noch einmal für ein großes Endspiel ausgewählt, dem im Damen-Einzel zwischen Olympiasiegerin Li Xiaoxia und Herausforderin Liu Shiwen.

Erster deutscher Blue-Badge-Schiedsrichter
Rund 30 Jahre war der Anfang Mai 48 Jahre alt gewordene Tischtennisspieler, -fan und -funktionär als Schiedsrichter tätig. 2004 erreichte Michael Geiger als erster Deutscher den Status eines „Blue Bagde Umpire“, die höchste Ausbildungsstufe eines internationalen Schiedsrichters. Von 2005 bis 2010 war er Beauftragter für Aus- und Fortbildung im Ressort Schiedsrichter des DTTB.
Lehre und Ausbildung liegen ihm. „Auch wenn ich meine aktive Schiedsrichter-Karriere beende, kann ich mir vorstellen, meine Erfahrung auch international weiterzugeben. Das könnte ein neues Ziel sein“, sagt er. Wünschenswert wäre das. Der im DTTB im Kabinett von Thomas Weikert für Finanzen zuständige Vizepräsident, der von seinen Kollegen auch in Anwesenheit ab und zu liebevoll „Geiger-Zähler“ genannt wird, kann sehr gut erklären und seine Standpunkte trefflich begründen. Selbst die ebenso komplexen wie komplizierten Zusammenhänge im Haushalt des DTTB sind dank seiner Erläuterungen gut nachvollziehbar.

Hohes Pensum in allen Bereichen

Foto: DTTB (Manfred Schillings)


Das Arbeitspensum in seinem DTTB-Ehrenamt ist immens. Ähnlich wie bei Präsident Thomas Weikert scheint es, als verfüge Geiger über einen geheimen Vorrat an zusätzlicher Zeit, mit der er einen normalen 24-Stunden-Tag fast nach Belieben ausweiten kann. Dabei ist der Diplom-Betriebswirt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Partner einer gut gehenden Kanzlei im Schwarzwald. Daneben ist er verheiratet, hat zwei Kinder, ein Faible fürs Motorradfahren und ist als Mannschaftsführer in seinem Verein, dem TTC Haslach, aktiv.
In Paris hat Michael Geiger in den acht Turniertagen rund 40 Spiele geleitet, von der Qualifikation in der kleinen, stickigen Nebenhalle bis zum Endspiel im großen Palais Omnisports de Paris-Bercy vor 9.000 Zuschauern. Er hat noch einmal das Zusammensein mit der internationalen Schiedsrichter-Familie genossen. 56 Nationen waren in Frankreich an den Zähltafeln im Einsatz. Geiger war der einzige Deutsche.
Als Schiedsrichter ist nach der WM für ihn Schluss. Dass ein „Herr Geiger“ irgendwann in der Zukunft aber noch einmal hochklassige Partien leitet, ist nicht ausgeschlossen. Sein Sohn Christoph schickt sich an, in seine Fußstapfen zu treten, hat in der Bundesliga schon Erfahrung gesammelt und auch international bei den German Open in Bremen im vergangenen Jahr.
Das DTTB-Präsidium ist nun nach dem Ausstand Geigers als Schiedsrichter und vor allem wegen der Begründung für seinen Abschied gewarnt. Weikert und Co. sollten ihrem Vize-Kollegen im gemeinsamen Ehrenamt nicht zu große Freude bereiten. Denn keinesfalls soll Michael Geiger wieder an den Punkt kommen, an dem er es am schönsten findet.